Kennst du das auch? Bei den Zahlen vertauscht dein Sohnemann immer noch die Zehner und die Einer. Die Malfolgen wollen einfach nicht in den Kopf hinein. Das Zählen und Rechnen fällt deinem Kind also alles andere als leicht und du fragst dich immer öfter: Wie kann ich nur mit ihm „üben“, ohne ständig das Mathebuch auf den Tisch zu legen? Auf diese Frage möchte ich in meinem heutigen Blogbeitrag erste Antworten finden. Er richtet sich also vor allem an Eltern von Kindern im Grundschulalter.
Du weißt es eigentlich längst: Mathematik ist mehr als die Beschäftigung mit Zahlen, das Zählen und das Rechnen! Mathematik umfasst mathematische Kompetenzen, die uns Menschen (also auch den Kindern) die Möglichkeit geben, mathematische Anforderungen in alltäglichen Situationen zu bewältigen. So zum Beispiel, wenn es darum geht für die Geburtstagsfeier zu planen und einzukaufen oder das Kinderzimmer neu einzurichten und hierbei richtig auszumessen. Oder aber auch Kürbisse auszusuchen, um sie für Halloween als leuchtende Laternen vorzubereiten bzw. aus ihnen eine leckere Kürbissuppe zu kochen. Es geht also vielmehr darum, Mathematik im Alltag zu erkennen, zu verstehen und anzuwenden. Und schnell wird deutlich, dass hierbei das sture Auswendiglernen von Malfolgen oder das Eintrainieren von Rechenwegen bzw. das stundenlange Üben von Schulbuchtürmchen eher weniger hilfreich sein werden. Das Lernen und Anwenden von Mathematik im häuslichen Umfeld kann daher z.B. vor allem innerhalb von alltäglichen Ritualen im Tagesablauf oder auch im Spiel ermöglicht werden.
Das hört sich doch schon mal richtig gut an, oder? Und es wird noch besser: Zur Entwicklung des mathematischen Denkens und auch für die Förderung eines arithmetischen Verständnisses, also für erste Einsichten in unser Zahlsystem und die Rechenoperationen sind vor allem geometrische Kompetenzen eine wesentliche Voraussetzung. So tragen Alltagssituationen, wie z.B. das Aufräumen (Ordnen und Sortieren) von Spielsachen nach selbstgewählten Regeln, das bewusste Verwenden von Raum-Lagebeziehungen im alltäglichen Sprachgebrauch (Stell die Schultasche hinter den Stuhl. Du findest die Bausteine unter dem Tisch. Links von dir steht die Kiste mit den Büchern. …) oder das gemeinsame Suchen nach Mustern in der Umgebung (z.B. die Pflastersteine auf dem Fußweg, die Fensteranordnung an einem Gebäude, …) dazu bei, räumliche Vorstellungen aufzubauen. Somit können gleichzeitig auch rechnerische Zusammenhänge immer anschaulicher von deinem Kind verinnerlicht werden. Beim gemeinsamen Spielen sind vor allem Bewegungs- und Versteckspiele, Puzzel, Bau- und Legespiele, Wahrnehmungs-, Reaktions- und Strategiespiele geeignet (Hier kannst du gern mal schauen!). Das gemeinsame Durchlaufen eines Maislabyrinths bringt dem Kind demzufolge mehr, als gestresst zehn Rechenaufgaben zu lösen und bereitet noch dazu der gesamten Familie Spaß.
Auch der Umgang mit Größen und das Messen sind Erfahrungsfelder, die im Alltag von Kindern häufig eine besondere Rolle spielen und für sie von motivierendem Interesse sind. Gerade beim Vergleichen von Größen (Ich bin bestimmt größer als du. Mein Hund kann sicher schneller rennen als deiner. In mein Glas passt mindestens eine halbe Flasche Saft.) werden Kinder zum Schätzen und Messen angeregt. Und da kommen auch wieder unsere Kürbisse ins Spiel: Wie schwer ist so ein Kürbis überhaupt? Ist er schwerer als ich? Welchen Umfang hat er? Wie kann ich das messen? Somit sammeln sie Erfahrungen beim direkten Vergleich von Größenrepräsentanten und beim Messen mit willkürlichen Maßeinheiten (Fingerspanne, Fußlänge, …) und normierten Messgeräten (Maßband, Stoppuhr, Küchenwaage, Messbecher, …). Dies leistet einen entscheidenden Beitrag zur Förderung von realistischen Größenvorstellungen. Deshalb sind Alltagssituationen, wie
- das Einkaufen (erst schätzen und danach abwiegen, wie schwer die Bananen sind) und Bezahlen (Überschlagen des Einkaufsbetrages vor der Kasse),
- das Ablesen von Geburts- und Feiertagen am Kalender (Wie viele Tage oder Wochen dauert es noch bis …?),
- das Lesen und Verstehen der Fernsehzeitung (An welchem Tag kommt meine Lieblingssendung? Wie lange dauert sie?),
- der Umgang mit Plänen eines Zoos oder Museums sowie
- das gemeinsame Kochen und Backen (Nach leckeren Kürbisrezepten natürlich!)
enorm wertvoll für die mathematische Kompetenzentwicklung. Wichtig ist hierbei jedoch das miteinander Reden und Diskutieren über mögliche Wege im Zoo oder über verschiedene Möglichkeiten des Abwiegens der Zutaten bei Rezepten. Dadurch merken Kinder, dass sie und ihre Ideen ernst genommen werden und dass man ihnen etwas zutraut.
Gemeinsame Aktivitäten von Kindern und Eltern mit mathematischem Potenzial können also sein:
- eine Halloweenparty gemeinsam mit den Kindern planen und vorbereiten (Kürbislaternen mit Gruselgesichtern schnitzen, Kostüme aus Bettlaken herstellen, Halloweenrezepte ausprobieren, Süßigkeiten für Halloween einkaufen, über Uhrzeiten für die Party und den Gruselspaziergang sprechen, …)
- Sand- und Wasseruhren mit Kindern bauen und Zeitexperimente durchführen
- eine Kleiderbügelwaage bauen und mit ihr wiegen
- Schätzspiele zu Längen, Zeiten, Gewichten und Geldwerten mit Möglichkeiten zum Sehen, Hören und Fühlen (z.B. „Wie viele ungekochte Nudeln passen wohl in die Dose? Wie schwer sind sie?“, „Wie viele Schritte sind es von unserer Haustür bis zum Auto?“, „Höre genau! Wie viele Autos fahren in fünf Minuten an unserem Haus vorbei?“, „Wie lange werden wir brauchen, um mit dem Fahrrad um den See zu fahren?“, „Wie weit ist es bis zum Supermarkt?“, …)
- Gespräch über das Zählen mit Fragen wie z.B. „Warum zählt man?“ „Was kann man zählen?“ „Was kann man nicht zählen?“
- Gespräch über die Bedeutung von Zahlen für den Menschen und für Kinder mit Fragen wie z.B. „Wozu dienen Zahlen?“ oder „Was wäre, wenn es keine Zahlen gebe?“
- Zahlen in Märchen, Liedern, Geschichten und in der Umwelt erforschen und deren Bedeutungen klären
Geeignete Materialien mit mathematischem Potenzial zum Forschen und Entdecken im Alltag (vgl. hierzu auch die besonderen Materialtipps):
- Bausteine in verschiedenen Formen und Farben
- gemeinsam gesammelte Knöpfe, Wäscheklammern, Toilettenpapierrollen, Joghurtbecher, Schraubverschlüsse von Tetrapacks, Büroklammern, …
- Wattestäbchen, Zettel aus der Zettelbox
- viele bunte Scheuerschwämme
- Verpackungsmaterialien (Eierkartons, Paletten von Überraschungseiern, …)
- Naturmaterialien (Nüsse, Kastanien, Steine, Muscheln, Zapfen, …)
- Spielwürfel in verschiedenen Ausführungen
- …
Auch Spiele und Bücher mit mathematischen Inhalten sind bestens geeignet um mit seinen Kindern zu Hause gemeinsame Zeit zu verbringen. Oft ist die Mathematik dabei nur Nebensache und genau so darf es auch sein, denn die gemeinsame Freude am Miteinander und das Teilen von diesen besonderen Erlebnissen sollten stets im Vordergrund stehen.
Mathematische Lerngelegenheiten innerhalb der Familie und zu Hause sollten die Kinder also anregen, Mathematik in ihrer Welt und in ihrem Alltag zu entdecken und zu erforschen, dabei haben wertschätzende Gespräche mit Erwachsenen zu Ideen und Vorgehensweisen der Kinder eine enorme Bedeutung für die Entwicklung ihrer Selbstwirksamkeit. Alltagsmathematik wird vor allem durch Spiel, durch Nachahmung und durch Eigenaktivität angeeignet. Ganz „nebenbei“ üben Kinder dabei entsprechende Grundaufgaben und trainieren ihre mathematische Gedächtnisfähigkeit ganz ohne Buch und Stress in der Familie. Dementsprechend sollten Kinder für Mathematik in ihrem Alltag sensibilisiert werden und „Werkzeuge“ zum mathematischen „Begreifen“ ihrer Umwelt an die Hand bekommen.
Happy Halloween euch allen!
Mandy Fuchs
Prima, eine tolle Anleitung, um gemeinsam mit der doch nicht „ach so schweren Mathematik“ anzufreunden.
Bleibt zu hoffen, dass wir immer auch das Bewusstsein und die nötige Zeit haben, um unseren Kindern ein guter Begleiter zu sein.
Lieben Gruß und weiter so!
Ina